DMUG-Archiv 2000

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Re: vernuenftige Kurve erstellen

Hallo,


also partielle Differentialgleichungen sind mega out.
Du willst Reaktionskinetik machen. Also sagen wir mal
Substanz A mit Konzentration c[A] reagiert mit Stoff B 
(mit c[B] als Konzentration) zu Stoff C ergo

A+B -> C

das gibt die Gleichungen

D[c[A,t],t]= -k[A,B]*c[A,t]*c[B,t]
D[c[B,t],t]= -k[A,B]*c[A,t]*c[B,t]
D[c[C,t],t]=  k[A,B]*c[A,t]*c[B,t]

dabei ist k[A,B] der Ratenkoeffizient f"ur die Reaktion.
Ausgeschrieben heisst das 

  Trifft Stoff A den Stoff B (daher das Produkt)
  dann Steigt die Konzentration von Stoff C (+k[A,B]*c[a,t]*c[b,t])
w"ahrend
  die anderen beiden Konzentrationen abnehmen (-k[A,B]*c[a,t]*c[b,t]).

Je nach Reaktionsgleichungen bekommt man auch wesentlich
kompliziertere Differentialgleichungen. Werden A und B weiter
zugef"uhrt ist noch ein Quellterm bei c[A] und c[B] dabei.
Im Beispiel oben gibt das

deqn = {D[cA[t], t] == -k[A, B]*cA[t]*cB[t],
    D[cB[t], t] == -k[A, B]*cA[t]*cB[t],
    D[cC[t], t] == k[A, B]*cA[t]*cB[t]}

DSolve[deqn, {cA[t], cB[t], cC[t]}, t] // FullSimplify

{{cC[t] -> C[1] + (E^C[3]*C[2])/(E^C[3] - E^(t*C[2]*k[A, B])), 
  cB[t] -> (1 + (-1 + E^(-C[3] + t*C[2]*k[A, B]))^(-1))*C[2], 
  cA[t] -> (E^C[3]*C[2])/(-E^C[3] + E^(t*C[2]*k[A, B]))}}

Je nach dem, welche Konzentration Du gemessen hasst, sagen wir mal
cA[t], kannst Du also den Ansatz

cA[t]= a/(b+d*Exp[e*t])

machen, alles anfiten und dann z. B. den Ratenkoeffizienten
und C[2] und C[3] aus den Fitparamtern {a,b,d,e} bestimmen.
Besonders der Ratenkoeffizient wird gern genommen.

Naja, aber was Du f"ur eine Reaktion hast, wie die kinetischen
Gleichungen aussehen und welche Abh"angingkeit Du gemessen hast
weisst nur Du. Eventuell wirst Du Dein System von
Differentialgleichungen
auch so modifizieren m"ussen, dass Mathematica eine analytische 
L"osung findet. 

Ein leidlich gutes Lehrbuch der physikalischen Chemie oder chemischen
Kinetik sollte, sofern Du einen Satz von (chemischen) 
Reaktionsgleichungen hasst, Dir auf jeden Fall das Wissen liefern, um
ein paar Differentialgleichungen aufzustellen. 

Die Zeitabh"anginkeit der L"osung gibt Dir dann einen Hinweis,
wie die Fit-Funktion zu w"ahlen ist. 

Jedenfalls steckt in der Wahl der Fit-Funktion das ganze Wissen
"uber den Prozess. Deshalb macht man das ja "uberhaupt. Wenn man
z. B. die Ratenkoeffizienten kennt, kannst Du Dein System numerisch
Simulieren, ohne mit irgendwelchen schleimigen Substanzen zu hantieren.
Der Kittel beleibt auch sch"on weiss.

Wenns mit dem Modell dann klappt kann man versuchen durch Variation der
numerischen (und experimentellen) Parameter den Verlauf der Reaktion
zu beeinflussen, um z. B. besonders viel von Stoff C zu erhalten.

Genauso kannst bei einer anderen als der vermuteten Abh"angigkeit
schlussfolgern,
dass Deine Reaktionsgleichungen falsch oder unvollst"andig sind.

Ein fiten ohne ein Modell (die Reaktionsgleichungen) ist nat"urlich 
ziemlich sinnlos. Ein (Approximations-)Spline leifert allemal bessere
Kurven, die Parameter des Splines lassen sich aber nicht interpretieren
und man kann keine Schlussfolgerungen "uber den Prozess ziehen und
nat"urlich
auch nichts Modellieren.

Gruss
  Jens

PS: Hier tauts.
PSS: Aus der L"osung f"ur das sehr simple Beispiel siehst Du auch warum
Du "uberhaupt mit Exponentialfunktionen angefangen hast zu fiten. Sowohl
c[A,t] als auch c[B,t] fallen n"amlich exponentiell ab.


Foxfire wrote:
> 
> Lieber Jens,
> 
> vielen Dank für Deine neuerliche ausfuehrliche Information,
> 
> Jens-Peer Kuska schrieb:
> 
> > Wie sich die Konzentration des Indikators c1[t]=cc1*g[t] verh"alt
> > musst Du allerdings selber wissen.
> 
> Das ist der springende Punkt.
> Irgendwann einmal wurden die Messungen unter voellig anderen Vorgaben
> durchgefuehrt, Damals hatte sich keiner um den Indikator gekuemmert, da er
> lediglcih zur Anfaerbung verwendet wurde.
> 
> Irgendeiner hatte dann (aus welchen Gruenden auch immer) die Loesungen
> expliziet nach der konzentration des Indikators untersucht und dabei
> ueberraschend festgestellt, dass er keinen einfachen expotentiellen Abfall
> hatte (wie von allen angenommen) sondern offensichtlich im Zuge einer
> Rueckverteilung noch einmal ein zweites (lokales Maximum) aufwies.
> 
> Seitdem hat sich keiner weiter gekuemmert. ich habe hier nur die Daten. Als
> Mediziner stufe ich meine mathematischen Kenntnisse im Vergleich zu Euch als
> bescheiden ein. Ich kann auch nicht nachpruefen, ob die Messwerte stimmen. Es
> existieren nur die daten von damals. Daher habe ich bedauerlicherweise auch
> keine Ahnung  _w i e_ ich so ein Modell korrekt ansetzen soll.
> 
> Ich hatte da schon mal einen Ansatz mit partiellen Differentialleichungen ...
> aber richtig funktioniert hat es damit nicht wirklich.
> 
> Beste Gruesse aus Koeln (noch immer ohne Schnee)
> 
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